KASTOR LOUNGE
Neustart der europäischen Wandplastik aus Naturstein
Das Kastor-Hochhaus in Frankfurt am Main hat 2025 ein neues Foyer bekommen. Die Besucher treten jetzt in einen bis in viele Details neu definierten Raum. Das Material Creme-Royal-Kalkstein prägt rundum die Wände. Das Highlight ist hier jedoch die parametrisch gestaltete Natursteinplastik über die gesamte Wandfläche hinter dem Tresen.
Was auf den ersten Blick wie eine bloße Riffelung aussieht, offenbart sich auf den zweiten Blick als eine paradoxe, überaus raffinierte, bildhauerische Gestaltung. Die Idee schließt zwar direkt an die 3.000 Jahre alte Tradition der antiken Säulen Altägyptens und des klassischen griechischen Tempelbaus an, war aber wegen ihrer Komplexität erst heute, im 21. Jahrhundert, tatsächlich zu realisieren.
Wahrscheinlich handelt es sich um die größte Wandplastik aus Naturstein, die in den vergangenen 50 Jahren in Europa konzipiert und angefertigt wurde.
Die Wandplastik vereinigt die zwei konträren Kannelierungen antiker Säulen, die sich ursprünglich bei den Phöniziern und bei den Griechen entwickelt hatten. Im unteren Bereich konkav beginnend, wölben sich die Elemente nach oben mehr und mehr nach außen, bis sie ihr Gegenteil geworden sind, eine konvexe Form.
In die strikt senkrechte Orientierung der Elemente sind weit schwingende Lichtbögen „eingraviert“. Die LED-Lichtbänder erhellen den Raum zusätzlich und verlaufen ebenfalls auf der einen Seite konkav, auf der anderen Seite zeichnen sie die konvexe Säulengestalt nach.
Und dies ist der handwerklich spektakuläre Punkt: Die Lichtbögen markieren für jede einzelne Kannelüre genau den Punkt, wo der Nullpunkt zwischen ihrer konvexen und konkaven Gestaltung liegt. Genau am Lichtbogen treffen sie in unterschiedlichen Biegungen flach aufeinander. Dies bedeutet, jede einzelne Kannelüre folgt einem genau geplanten, individuellen Verlauf.
Die gleitenden Übergänge bedeuteten eine enorme Herausforderung für die Präzision von Planung und Herstellung der Elemente. Kein einziges Element gleicht dem anderen, sodass die Plastik nicht einfach aus seriellen Elementen gekachelt werden konnte, auch wenn dies im ersten Moment so scheinen könnte.
Vielmehr kann man eben deshalb von einer großen Wandplastik sprechen, weil das Objekt über die gesamte Höhe und Breite durch eine punktgenaue Vorzeichnung der einzelnen Kannelüren und deren ebenso punktgenaues Ausfräsen aus Naturstein entstanden ist.
Die Kannelüren der Wandplastik sehen sich überall ähnlich und gleichen sich nirgends. Damit begegnen wir in der Skulptur einer technisch neuen ästhetischen Ausdrucksmöglichkeit moderner Architektur.
Bis heute treten moderne Fassaden überwiegend noch im Stil der klassischen Moderne auf. Ihre wesentlichen Merkmale sind die haptisch neutralisierte Flächigkeit, Rasterung und serielle Reihung.
Die Wandplastik von TEK TO NIK Architekten für das neue KASTOR-Foyer beweist, dass die Moderne jetzt die technischen Fähigkeiten zur Verfügung hat, an die Zeit einer individuellen und vor allem plastisch ausgeformten Fassadensprache anzuknüpfen.