MAIN YARD
Die "Grüne Gasse", die einen Problembereich verwandelt
Das Allerheiligenviertel liegt in der östlichen Innenstadt von Frankfurt am Main. Es ist über Jahrzehnte nicht aus seinem Status als vernachlässigter Problemkiez herausgekommen. Wie hier eine umfassende Verbesserung starten könnte, war unklar, bis der Frankfurter Immobilienunternehmer Hersch Beker der Stadt anbot, private und städtische Grundstücke mit seinem Bestand in dem Viertel zu einem einzigen Areal zu arrondieren, um endlich einen Neuanfang des Viertels zu ermöglichen.
Um das Potenzial einer solchen Lösung aufzuzeigen, erstellte TEK TO NIK Architekten seit 2010 im Auftrag von Hersch Beker umfangreiche städtebauliche Studien, die eine attraktive und wirtschaftlich tragfähige Bebauung und Nutzung ermöglichen. Dies bedeutete den Durchbruch für eine gemeinsame Vision von Stadt und Investoren. Der Kern bestand in dem Bau einer neuen Straße, die im 45°-Winkel von der Kreuzung Lange Straße/Allerheiligenstraße in den Block hineinführt. Dadurch wird das Allerheiligentor über die Grüne Gasse zu einem neuen Quartiersplatz erweitert, der das Allerheiligentor mit der oberen Zeil durch die Passage in der ehemaligen Stadtbibliothek verbindet.
Denkt man an die städtebauliche Theorie der Permanenz (wie etwa von Aldo Rossi beschrieben), sehen wir in dieser Neuprogrammierung eines Stadtgrundrisses einen Entwicklungsschritt von historischer Bedeutung.
Die Idee ermöglichte nicht nur eine Reihe neuer Gebäude ins Viertel hinein, sondern die Chance für ein städtebauliches „place making“, also die Verwandlung des vernachlässigten und abgewirtschafteten Geländes in einen neuen Ort mit einem eigenen lebendigen und vielfältigen städtischen Charakter. Dies ist ein Beispiel für einen städtebaulichen Transformationspfad, bei dem die entscheidenden, positiven Veränderungen durch die Innenentwicklung von Kernblöcken in Gang gesetzt wird.
Unsere Entwürfe haben sich dabei von Anfang das Ziel vorgenommen, an der klassischen europäischen, kleinteiligen und geschlossenen Großstadtarchitektur anzuschließen. Dies wurde schon früh von der Öffentlichkeit und den Entscheidern als wichtigstes Charaktermerkmal der Transformation erkannt (siehe etwa die vielen begeisterten Beiträge im Architekturforum/Frankfurt).
Grundlage dafür sind zwei Punkte. Zum ersten ist für Gebäude entlang der neuen Straße ein abwechslungsreiches, plastisches und teilweise leicht gefaltetes Fassadenspiel vorgesehen. Dadurch erhält die Straße den harmonischen Charakter einer klassischen Altbaustraße. Zum Zweiten wird es dort keinen Autoverkehr geben. Die Straße wird, ähnlich wie seit einigen Jahren in Städten wie Barcelona oder Amsterdam, gleichzeitig verkehrsstill, begrünt und durch Restaurants, Geschäfte und Anwohner belebt sein.
Die 140 m lange Straße kann man auch als ein gebautes Manifest verstehen. Sie präsentiert ein plausibles Richtungsbeispiel für weitere Straßentransformationen im Stadtbild von Frankfurt am Main.
Die Realisierung wurde 2018 von der OrT Group übernommen. Erfreulicherweise sorgt das städtebaulich und nachhaltig denkende Unternehmen mit weiteren Ideen und einem ambitionierten Quartiersmanagement dafür, dass das Projekt auch über den Zeitpunkt der baulichen Fertigstellung gelingt.